Servus Mauerstrassenwetten, ich hab mich seit August immer mehr und weiter der technischen Analyse zugewandt. Um genauer zu sein, trade ich schon seit defacto immer technisch (meist mit weniger Erfolg), hab mich aber seit August eben einer einzigen Methode zugewandt. Drauf gekommen bin ich durch Zufall, weil ich ein Buch über Richard Dennis und die Turtle Trader gelesen habe. Momentum TradingIm Großen und Ganzen wird jeder von euch den Ausdruck Momentrum Trading kennen, nicht zuletzt werden einige von euch (allen voran die ETF-Mods) den MSCI World Momentum im Depot liegen haben, auch wenn er nicht genau weiß was das für Strategie beinhaltet, aber den normalen MSCI World seit knapp 7 Jahren outperformt hat (und dies in meinen Augen weiter tun wird). Der ursprüngliche Erfinder dieser Idee war eigentlich Richard Donchian der das Konzept in den 1940ern erfunden hat. Netterweise hat er direkt einen deppeneinfachen Indikator erfunden welcher “Donchian (Breakout) Channels” heißt. Das Konzept ist deppeneinfach. Gekauft wird ein Underlaying wenn es ein neues 20 Tageshoch erreicht, verkauft wenn es ein neues 10 Tagestief erreicht (für Short Positionen gilt logischerweise der umgekehrte Fall). In den 1940er war nicht mehr zu beachten, Donchian hat damit wahrscheinlich eine ganze Generation an Futurehändlern geprägt. Jeder der sich irgendwann mit technischer Analyse auseinander setzt, der erfährt direkt am Anfang, dass die folgenden Regeln die absolut wichtigsten sind:
Jedem Neuling werden genau diese 6 Regeln eingeprägt, wenn man dann aber auf ein YouTube Channel klickt welches sich mit TA beschäftigt geht es in erster Linie immer um Support und Widerstände. Und das ist genau das Gegenteil von Trendtrading. Anderes Beispiel sind Aktien (Baba, Meta, Amazon, CDProjekt, Tilray, Heim3, Tonies, ihr nennt sie) die absolut abgefickt günstig aussehen und dann gekauft werden. Sprich ins fallende Messer greifen. Am besten noch schön ohne Stop Loss eine asymetrische Wette der höchsten Güteklasse eingehen, wer kennt es nicht? Genau das versucht Momentum Trading nicht zu machen. Prinzipiell ist die Idee dahinter folgende (bewundert meine Paint-Künste: Warum nur die Mitte? Weil, und da sind sich alle großen Trader einig, es bei Traden nicht um die reinen Rendite geht, sondern um risk-adjusted-returns. Und diese sind eben am besten wenn man nur die Mitte mitnimmt und dabei (und das ist ganz wichtig) kein Preisziel hat sondern nur einen Trailing Stop Loss (TSL). Bei Donchian war der TSL der 10 Tages Kanal, mittlerweile gibt es andere Ideen. Wie sieht das ganze 2022 aus?Ich gebe zu, die 1940er sind einige Zeit her, daher ist das Konzept von Donchain vielleicht nicht mehr das aktuellste. Aber Gott sei dank haben die Hecken das Konzept aufgefasst und erweitert. Damit müssen wir nicht selbst nachdenken, sondern übernehmen einfach das Konzept der Hecken. Donchian kam aus einer Zeit da wurde das alles noch per Hand gerechnet. Heilige Scheiße, er kam aus einer Zeit, da gab es noch nichtmal Charts, Die Jungs haben damals Tape Reading betrieben, dass ganze sah dann in etwa so aus: Mehr gab es da nicht. Wer ganz lustig war, hat noch Protokolle über diverse Kurse geschrieben, ansonsten hat man eben am nächsten Tag aus der Zeitung erfahren was der Eröffnungs- und Schlusskurs war (wem das weiter interessiert kann folgende Bücher lesen: Studies in tape reading – Wyckoff und Reminiscences of a stock operator – Lefevre, kosten beide nur ein paar Cent). Als dann Richard Dennis das Konzept in den 60ern ernaut aufgefasst hat, gab es Computer mit denen man diverse Szenarien Backtesten konnte und das im großen Stil gemacht wurde. Damals kam dann auch die ATR (avegae true range) ins Spiel, als ultimatives Stopp Signal. Da sich auch nach den 60ern immer mehr Menschen und Hecken mit dem Konzept beschäftigt haben, kamen immer und immer mehr Filter dazu. Verschiedene gleitende Durchschnitte, MACD, RSI und hast du nicht gesehen. Ed Seykota gilt als Legende auf diesem Gebiet. Eigentlich ein Einzeltrader hat er durch das Buch Market Wizards Berühmtheit erlangt und gab dutzende Interviews (eine gute Einführung ist dieses Video). Ed Seykota ist ein Fan davon das Konzept einfach zu halten. Und beständig. Darum findet man in seiner Strategie keinen MACD, RSI und hast du nicht gesehen (Ich habe seine Methode als Indikator bei Trading View nachgebastelt, den Code findet ihr weiter unten). Auf die Frage warum Ed Seykota Einfachheit und Beständigkeit als Grundidee sieht, nannte er immer wieder, dass der Ein- und Ausstieg in Positionen defacto irrelevant sind. Einzig allein auf Risk Management, Diversifikation und Korrelation kommt es an (wir kommen später nochmal dazu). Für wen es sich eignet und was ist zu erwarten?Bevor wir jetzt noch einmal zum eigentlichen Ablauf kommen, möchte ich noch ein paar Wörter zu der Erwartungshaltung verlieren. Screenshot aus dem Buch “Trend Following von Michael W. Covel” Wie ihr aus dem Screenshot sehen könnt, hat Dunn Capital ein US Milliarden Hedge Fonds der Momentum Trading betreibt, Draw Downs wie jeder andere. Von 2003 -2005 waren sogar 3 Jahre in Folge negativ (Beim S&P500 im übrigen auch). Aber wenn es geballert hat, dann hat es richtig geballert. Während der SPY 2008 -38,49% gemacht hat, hat Dunn über 50% eingesackt. Es ist definitiv kein “ich mach dich reich und das schnell” Schema, und ihr könnt euch abschminken auch nur annährend an die Rendite von Dunn zu kommen, da die einfach mehr Geld für Forschung haben als ihr. Fakt ist, ihr werdet auch beim Momentum Trading negative Returns haben, teilweise sogar X-Trades hintereinander in den Sand setzen. Des weiteren haben diverse Studien gezeigt, dass ein kürzeres Zeitintervall (und damit mehr trades) nicht zu mehr Renditen führen (wie auch meine eigenen Backtest später belegen werden). Die Idee ist für den Tageschart erfunden worden. Solltet ihr ein kleineres Zeitintervall traden wollen, werdet ihr viele Anpassungen übernehmen müssen. Das Konzept ist auf eine extrem breite Diversifikation ausgelegt. Nur “nicht- rentablen US-Techscheiß long zu traden”, wird euch nur in den Bullenmärkten gelingen. Risk Management, Diversifikation und KorrelationAlle großen Trader sind sich in diversen Interviews einig. Wer am Tageschart tradet hat extrem viel Spielraum was den Ein- und Ausstieg der Trades betrifft. Wichtiger ist Risk Management und Diversifikation. Ich werde euch hier nun keine Grundlagen der 3 Themen Beibringen, dass könnt ihr gerne selbst machen, aber ich möchte euch mit auf dem Weg geben, dass laut den erfogreichsten Trader der Welt, auf genau diesen 3 Säulen euer Erfolg und Misserfolg beruht. In seinem Turtle Trader Programm hat Richard Dennis seine Schildkröten folgende Punkte handeln lassen: Dabei hat er sich ein relativ ausgeklügeltes System der Positionsgröße überlegt, welche ihr hier findet. Wichtig dabei ist auch noch zu erwähnen das Pyramiding eine zentrale Rolle spielt. Um das kurz zusammenzufassen: Unter Pyramiding versteht man die Idee gut laufende Positionen weiter auszubauen und schlecht laufende Positionen abzubauen. Also genau das Gegenteil von dem was die meisten auf Reddit und Youtube empfehlen. Niemals, wirklich niemals runterdurchschnitten. Warum ist das so wichtig und wie sieht das in der Realtität aus? Links Dow Jones, rechts Nasdaq Hier habt ihr die zwei Charts vom Dow und Nasdaq nebeneinander. Beide haben (je nach System) den oberen Donchian Channel durchbrochen. Während der Dow jedoch einfach weiter nach oben randaliert hat, fiel der Nasdaq wieder zurück. Klar, ihr könnt natürlich jetzt den Nasdaq runterdurchschnitten, aber warum sollte Tech jetzt auf einmal besser laufen als die guten alten Boomer-Value-Buden? Nach unserer Strategie würden wir eher den Dow weiter ausbauen, weil davon auszugehen ist, dass dieser weiter stärker performen wird als der Nasdaq. Je nachdem welche Underlayings ihr traden wollt, bietet Finviz einen guten Screener und eine gute Übersicht welche Sektoren im Zeitabschnitt X am besten rasieren. Noch ganz kurz letzte Worte zum Risk Management. Wann ihr eure SL oder TSL setzt ist eure Entscheidung. Unterschiedliche Längen der ATRs und Auswirkungen auf die Performance findet ihr hier. Eine Möglichkeit der Risiko-Minimierung gibt Ed Seykota im übrigen mit EMAs an. Um genau zu sein handelt es sich dabei um die beiden Längen 80 und 140 Tage. Long Positionen werden nur eröffnet wenn der 80er EMA über dem 140er EMA ist und der Kurs über beiden EMAs schließt und Kurzpositionen umgekehrt. Aus meinen eigenen Backtest kann ich euch sagen das diese Regel nur bedingt sinn macht was die Performance betrifft. Sie senkt zwar den Draw Down stark, aber auch die Rendite. Allen voran bei Indizes. Wie ihr das angeht bleibt euch überlassen. Hier findet ihr noch die unterschiedlichen S&P500 Sektoren wie bei Finviz aufgelistet. Für die meisten gibt es ein deutsches Äquivalent dafür. Weiter unten werde ich behaupten das die Gains im Forexmarkt nicht übertragbar sind, da hier niemand mit Futures handelt. Ihr könnt euch andernfalls überlegen die Indizes in Euro gehedged zu kaufen, womit ihr Forexspekulation für den armen Mann betreibt. Wie sieht das nun am Chart aus?Okay, halt endlich die Fresse LSD und zeig uns wie das am Chart aussieht. Beginnen wir direkt mit einem Kirschgepflückten Chart von Google seit Mai 2020 Ich hab den mal so aufbereitet wie ich ihn traden würde. Lange/Kurze Positionen nur wenn das Risk Management nach Ed Seykota stimmt. Okay labber LSD du Scheißkopf, zeig mal ein nicht Kirschgepflückten Chart: Das Däxchen schaut bei weitem nicht so freundlich aus. Allen voran wenn man die Risk Management Regel von Ed Seykota vernachlässigt. Wenn man nur long Einsteige nimmt (aber auch wieder mit der vernachlässigung der Risikoregel), dann sieht das im S&P500 Chart seit 2005 so aus: Ja, man hätte den SPY nicht ausperformt, dass ist wohl auf den ersten Blick zu erkennen. Jedoch hätte man, hätte man nur den SPY getradet einen Drawdown von 27% gehabt, während der SPY bei buy and hold 44% hatte. So sieht das ganze bei Währungen aus. Während der der EUR/USD -29% gemacht hat, hätte man mit Momentum Trading rund 33% gemacht. Fairerweise muss man dazusagen, diese Gains sind im Forexmarkt unrealistisch. Das liegt an den Eigenschaften von Futures und deren hohen Hebel. Die beiden letzten Screenshots sind von Trendspider. Da kann man Backtesten ohne Coden zu müssen. Es gibt einen kostenlosen 7 Tage Trial den ich probiert habe. Im letzten Bild sehr ihr den 1h Chart der WTI Futures. Wie ihr sehen könnt, hat die Strategie “nur” 27% innerhalb von einem Jahr eingenommen. Wobei da der Trailing Stop auf fixe 3,5% liegen und keine ATR vorhanden ist, da Öl zu volatil ist. Das meinte ich weiter oben als ich sagte, ein kleineres Zeitintervall bringt euch nicht direkt mehr Rendite ein, aber dafür höhere Kosten. Auch die Öl-Gains sind mehr oder weniger unrealistisch für euch, da ihr mit deutschen Derivaten keinen 24h Zugang zum Markt habt, fetten Slippage und Währungsrisiko. Abschließende WorteDas ganze ist nur als Einleitung gedacht, die Realität ist dann doch deutlich komplexer. Hier sind einige Bücher, welche sich weiter mit dem Thema beschäftigen: Market Wizards – Jack D. Schwager The Trend following Bible – Andrew Abraham Trend Following – Michael W. Covel The complete turtle trader – Michael W. Covel und die beiden oben genannten Bücher von Wyckoff und Lefevre. So, ich hoffe der ein oder andere konnte was mitnehmen und hört ab sofort auf ins fallende Messer zu greifen. Ich bin nun knapp 4h an dem Text gesessen und kann es kaum erwarten “Wo WKN?” zu lesen.
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